Rosa abietina und andere Funde von Wildrosen aus Südbaden

Mit einem Bestimmungsschema für die Sectio Caninae

Michael Lüth

Einleitung

Spätestens seit dem Erscheinen der Rosenbearbeitung in der Flora von Baden-Württemberg (Timmermann 1992) wurde offenbar, daß der Kenntnißstand über die Wildrosen in Südbaden sehr lückig ist. Vor allem im Schwarzwald fehlten für etliche Arten Nachweise. Als ortskundiger Botaniker, der sich nur nebenbei mit Wildrosen beschäftigt, weiß man dennoch, daß auch im Schwarzwald viele Rosenarten vorkommen. Allerdings wußte man nicht, daß dies nicht allgemein bekannt ist. Aus diesem Grund sollen hier einige Fundnotizen von Wildrosen veröffentlicht werden. Es handelt sich nicht um eine flächendeckende Kartierung, sondern um Einzelfunde, die im Laufe von Biotopkartierungen oder während Exkursionen erhoben wurden. Es sind dabei Arten wie Rosa rubiginosa, R. micrantha, R. tomentosa, R. stylosa, R. sherardii und R. abietina. Dadurch wird zumindest deutlich, daß Wildrosen auch in Südbaden, ja sogar im Schwarzwald mit vielen Arten vertreten sind. An anderer Stelle wurde bereits von Reinhold Treiber (1996) über das Vorkommen von Rosa stylosa, R. jundzillii, R. agrestis und R. micrantha aus unserer Region berichtet.

Rosa, Sectio Caninae

Die Bestimmung der Rosen aus der Verwandtschaftsgruppe der Rosa canina ist manchmal etwas umständlich und gerade Anfänger verwirrt die Merkmalsvielfalt. Als Erleichterung für Einsteiger, aber auch für die eigene Ansprache im Gelände wurde ein optisch orientiertes Bestimmungsschema erarbeitet, daß einen leichteren Überblick über die Merkmalskombinationen erlaubt. Ein zuerst sehr vereinfachtes Schema mit den häufigsten Arten wurde später unter Mithilfe von Reinhold Treiber um einige seltenere Arten erweitert. Das Schema wurde für die Rosen in Südbaden aufgestellt, kann jedoch auch in anderen Regionen sehr dienlich sein, da doch die meisten Arten der Sectio Caninae enthalten sind. Die neueste Version (Abb. 1) enthält nun auch Rosa abietina, die sich in der Übersicht gut in die Verwandtschaft mit Rosa stylosa einreihen läßt.

Rosa abietina Grenier ex Christ 1873

8113 SO; Schwarzwald Todtnau, Gschwend; ein Exemplar zwischen Steinblöcken am Ufer der „Wiese“; 570 m; Breunig, Dietz, Lüth u. Wolf 12.08.99 *(mit Beleg)

Morphologie

Rosa abietina gehört zur Sectio Caninae; sie besitzt keine Duftdrüsen, dafür aber Stieldrüsen am Buttenstiel, an der Butte und sehr reich an den Kelchblättern; die Blattstiele und Blattrachis sind behaart; die Nebenblätter sehr groß; die Stacheln sind stark gekrümmt; die fast kugeligen Butten sitzen auf langem Buttenstiel; die Kelchblätter sind während der Buttenreife ausgebreitet und fallen erst spät ab; das Narbenköpfchen ist flaumig und flach, der Griffelkanal weit.

Die Tannen-Rose aus Todtnau ist ein mittelgroßer gedrungener Strauch mit einem üppigen Besatz mit Hagebutten. Das Alter des Strauches ist schwer zu schätzen. Es beträgt sicher mehr als 10 Jahre, vermutlich sogar über 20-30 Jahre. Sämtliche Merkmale dieses Exemplars stimmen mit den allgemeinen (oben aufgeführten) Merkmalen für Rosa abietina überein, mit Ausnahme der Blattzähnung. Die Tannen-Rose aus Todtnau besitzt einfach gezähnte Blätter. Oberdorfer (1994, S. 564) schreibt für R. abietina „B. doppelt gezähnt“ und Timmermann (1994, S. 58) „Blattzähne drüsig unterteilt“. Literaturrecherchen durch Georg Timmermann zeigten aber jetzt, daß die Blattzähnung bei der Ansprache von R. abietina nicht herangezogen werden kann: Robert Keller schreibt im Hegi (1923, S. 1029) „Blättchen... sehr variabel.“, Hermann Christ (1873, S. 133) gibt in „Die Rosen der Schweiz“ an: „Zahnung doppelt und teilweise einfach bis zusammengesetzt, Zähne kurz, offen, nicht tief, drüsenlos; Zähnchen sehr klein, etwas drüsig.“ Bei dem Exemplar in Todtnau handelt es sich somit um die seltenere Form mit einfach gezähnten Blättern.

Standort

Todtnau liegt im Süden des Schwarzwaldes am Fuß des Feldberges und am oberen Ende des Wiesentales. Das Gebiet ist klimatisch einerseits durch die Nähe des subalpinen Feldberges mit seinen kalten Fallwinden geprägt. Andererseits unterliegt das Gebiet durch das nach Südwesten geöffnete Wiesental häufigen Warmlufteinbrüchen und Föhnwetterlagen. Der geologische Untergrund ist Gneis.

Rosa abietina wurde zwischen Steinblöcken am Ufer des Flusses „Wiese“, ca. 1 m über der Mittelwasserlinie, gefunden. Diese Steinblöcke sind als Sicherung am Ufer zusammengetragen worden. Nach Angaben eines Ortskundigen (Hr. Einar Decker, Forstamt Todtnau) liegt diese Ufersicherung wahrscheinlich schon weit über 100 Jahre zurück (sicher über 30 Jahre), eventuell als die Wiese für die Flößerei von Steinblöcken im Flußbett befreit wurde. Auf den Steinpackungen entlang der Ufer haben sich seither zahlreiche Gehölze angesiedelt (keine Gehölzanpflanzungen), darunter Schwarz-Erle, Esche, Berg-Ahorn, Sommer-Linde, Hasel, Holunder, Weißdorn und Heckenkirsche. An Rosen finden sich hier: Rosa canina, R. corymbifera, R. vosagiaca und R. pendulina. Rosa abietina wächst an einer Stelle mit lückigem Gehölzbewuchs im lichten Schatten unter einem Haselstrauch.

Verbreitung

Rosa abietina ist vorwiegend alpin verbreitet. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in den Westalpen, wo die Art stellenweise häufig ist. Vereinzelt kommt sie östlich bis nach Tirol vor. Zudem gibt es einzelne Vorkommen im Voralpengebiet, so im nördlichen Schweizer Jura (Christ 1873, Timmermann 1994) und im bayrischen Allgäu (Heupler & Schönfelder 1988). Die wenigen bayrischen Vorkommen waren bislang die einzig gesicherten Vorkommen in Deutschland. Zu Vorkommen im Schwarzwald gibt es in der Literatur einige unsichere und fragliche Angaben:

Klein (1905): Seubert-Klein’s Exkursionsflora für das Großherzogtum Baden: „Diese typische Form der Alpen ist wahrscheinlich im Schwarzwald noch aufzufinden; Sv (Schwarzwald-Vorberge) Freiburg Schloßberg.“

Hegi (1923): „Angeblich auch im Schwarzwald (Freiburger Schloßberg, Feldberg usw.).“

Hess, Landolt & Hirzel (1977): Flora der Schweiz: „Angaben aus dem Schwarzwald unsicher.“

Oberdorfer (1994): Pflanzensoziologische Exkursionsflora: „süSchw (?).“

In „Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs“ Sebald & al. (1992) wurde die Art nicht aufgenommen. Der Bearbeiter der Rosen, Georg Timmermann, fand keinen gesicherten Hinweis auf ein Vorkommen, Herbarbelege erwiesen sich als Fehlbestimmungen.

Der Herbarbeleg der Tannen-Rose aus Todtnau wurde von Georg Timmermann bestätigt, er kommentierte ihn mit den Worten: „Mit Ihrem Fund ist die bisherige ‚Unsicherheit‘ beendet! Es gibt im Schwarzwald die Rosa abietina.

Weitere Funde von Wildrosen in Südbaden

Im Folgenden sind weitere Funde von Wildrosen in Südbaden aufgelistet. Bei den Angaben mit Sternchen am Ende existiert ein Herbarbeleg. Die Belege wurden von Georg Timmermann bestätigt. Bemerkenswert unter den Funden erscheint Rosa sherardii am Zeller Blauen, Schwarzwald; es ist der erste Fund dieser Art im Schwarzwald. Bisher war diese Rose in Baden-Württemberg nur von einigen Stellen auf der Schwäbischen Alb bekannt. Außerdem interessant ein Fund von Rosa stylosa in ihrer Idealform bei Oberbergen im Kaiserstuhl.

Rosa canina L. 1753

7911 NO; Kaiserstuhl Oberbergen; Rebgebiet W Scheibenbuck, SW-exp. Hang; Wegrand, Vulkanit; 400 m; 03.10.94 *

8014 NW; Schwarzwald Höllental; Höllsteig oberhalb Spitzkehre; S-exp. Gneisfelsen; 840 m; 06.10.94 *

8113 SO; Schwarzwald Todtnau; S. exp. Weidfeld bei Brandenberg; 800 m; 29.09.99

8213 NW; Schwarzwald Wiesental; Tunau Hörnle; gebüschreiche Magerweide an S-exp. Hang; 780 m; 15.10.94 *

8213 SW; Schwarzwald Wiesental; Zeller Blauen, Wüstmatt; verbuschte felsige Weide S-exp.; 810 m; 15.10.94 *

Rosa corymbifera Borkhausen 1790

7815 SO; Schwarzwald Triberg; Weidfeld Egeten S Tannholz; 900 m; 09.08.95

8014 NW; Schwarzwald Höllental; Höllsteig oberhalb Spitzkehre; S-exp. Gneisfelsen; 840 m; 06.10.94 *

8016 SO; Schwarzwald-Baar Bräunlingen; Feldhecken auf Steinriegel südl. Bräunlingen; 800 m; 19.08.96

8113 SO; Schwarzwald Todtnau; S. exp. Weidfeld bei Brandenberg; 800 m; 29.09.99

8213 NO; Schwarzwald Wiesental; Tunau Farnacker; gebüschreiche Magerweide an S-exp. Hang; 790 m; 15.10.94 *

8213 NW; Schwarzwald Wiesental; Tunau Hörnle; gebüschreiche Magerweide an S-exp. Hang; 780 m; 15.10.94 *

8213 SW; Schwarzwald Wiesental; Zeller Blauen, Wüstmatt; verbuschte felsige Weide S-exp.; 810 m; 15.10.94 *

Rosa micrantha Borrer ex Smith in Sowerby 1812

7812 SO; Kaiserstuhl Schelingen; Schelinger Steinbruch; im Steinbruch auf Vulkanit; 390 m; 04.09.94 *

7911 NO; Kaiserstuhl Oberbergen; Rebgebiet W Scheibenbuck, SW-exp. Hang; sonniger Waldrand, Wegböschung,  Vulkanit; 400 m; 03.10.94 *

8213 NO; Schwarzwald Wiesental; Tunau Farnacker; gebüschreiche Magerweide an S-exp. Hang; 790 m; 15.10.94 *

8213 NW; Schwarzwald Wiesental; Tunau Hörnle; gebüschreiche Magerweide an S-exp. Hang; 780 m; 15.10.94 *

Rosa rubiginosa L. 1771

7812 SO; Kaiserstuhl Schelingen; Schelinger Steinbruch; kleiner Strauch auf S-exp. Hang, Magerrasen auf Vulkanit; 380 m; 04.09.94 *

7911 NO; Kaiserstuhl Oberbergen; Rebgebiet W Scheibenbuck, SW-exp. Hang; sonnige Rebböschung, Vulkanit; 400 m; 03.10.94 *

8016 SO; Schwarzwald-Baar Bräunlingen; Feldhecken auf Steinriegel südl. Bräunlingen; 800 m; 19.08.96

8213 NO; Schwarzwald Wiesental; Tunau Farnacker; gebüschreiche Magerweide an S-exp. Hang; 790 m; 15.10.94 *

Rosa pseudoscabriscula (R. Keller) Henker & G. Schulze 1993

7911 NO; Kaiserstuhl Oberbergen; Rebgebiet W Scheibenbuck, SW-exp. Hang; sonnige Rebböschung, Vulkanit; 400 m; 03.10.94 *

8014 NW; Schwarzwald Höllental; Höllsteig oberhalb Spitzkehre; S-exp. Gneisfelsen an Straßenböschung; 840 m; 06.10.94 *

Rosa sherardii Davies 1813

8213 SW; Schwarzwald Wiesental; Zeller Blauen, Wüstmatt; verbuschte felsige Weide S-exp., unterhalb Straße; 810 m; 15.10.94 *

Rosa stylosa Desvaux 1809

7911 NO; Kaiserstuhl Oberbergen; Rebgebiet W Scheibenbuck, SW-exp. Hang; Wegrand, Vulkanit; 400 m; 03.10.94 *

Rosa subcanina (Christ) Dalla Torre et Sarnthein 1909

7911 NO; Kaiserstuhl Oberbergen; Rebgebiet W Scheibenbuck, SW-exp. Hang; sonniger Waldrand, Wegböschung,  Vulkanit; 400 m; 03.10.94 *

7815 NW; Schwarzwald Schonach; Weidfeld Rensberg; 950 m; 18.08.95

7815 SW; Schwarzwald Schönwald; Priesen; SO-exp. Weidfeld Priesenfidelishof; 940 m; 07.09.94

7914 SO; Schwarzwald Gütenbach; Feldgehölz im Vordertal; 900 m; 04.09.97

8016 SO; Schwarzwald-Baar Bräunlingen; Feldhecken auf Steinriegel südl. Bräunlingen; 800 m; 19.08.96

8213 NO; Schwarzwald Wiesental; Tunau Farnacker; gebüschreiche Magerweide an S-exp. Hang; 790 m; 15.10.94 *

8213 NW; Schwarzwald Wiesental; Tunau Hörnle; gebüschreiche Magerweide an S-exp. Hang; 780 m; 15.10.94 *

7911 NO; Kaiserstuhl Oberbergen; Rebgebiet W Scheibenbuck, SW-exp. Hang; sonniger Waldrand, Wegböschung, Vulkanit; 400 m; 03.10.94 *

Rosa subcollina (Christ) Dalla Torre et Sarnthein 1909

7815 NO; Schwarzwald Triberg; Weidfeld Obergfäll; 850 m; 13.07.95

7815 SO; Schwarzwald, Schonach; Kuttlematten S Schonach, O-exp. Hang; Gehölzgruppe auf Magerrasenrest um Lesesteine; 910 m; 11.08.95 *

7815 SW; Schwarzwald Schonach; Feldern; kleines Gebüsch an Wegrand; 990 m; 14.10.94 *

7914 NO; Schwarzwald Gütenbach; Weidfeld Lehmannsgrund; 960 m; 02.09.97

8016 SO; Schwarzwald-Baar Bräunlingen; Feldhecken auf Steinriegel südl. Bräunlingen; 800 m; 19.08.96

Rosa tomentosa Smith 1800

7815 NO; Schwarzwald Triberg; Althornberg; Feldgehölz auf Lesesteinriegel an S. exp. Hang; 750 m; 10.07.95

7911 NO; Kaiserstuhl Oberbergen; Rebgebiet W Scheibenbuck, SW-exp. Hang; sonniger Waldrand, Wegböschung, Vulkanit; 400 m; 03.10.94 *

8113 SO; Schwarzwald Todtnau; S. exp. Weidfeld bei Brandenberg; 800 m; 29.09.99

8213 NW; Schwarzwald Wiesental; Tunau Hörnle; gebüschreiche Magerweide an S-exp. Hang; 780 m; 15.10.94 *

8213 SW; Schwarzwald Wiesental; Zeller Blauen, Wüstmatt; verbuschte felsige Weide S-exp.; 810 m; 15.10.94 *

Rosa vosagiaca (Desportes 1828) auct.

7815 SO; Schwarzwald, Schonach; Kuttlematten S Schonach, O-exp. Hang; Gehölzgruppe auf Magerrasenrest um Lesesteine; 910 m; 11.08.95 *

8213 SW; Schwarzwald Wiesental; Zeller Blauen, Wüstmatt; verbuschte felsige Weide S-exp.; 810 m; 15.10.94 *

7815 SW; Schwarzwald Schonach; Turntal; kleines Gebüsch an Straßenrand, SO-exp. Hang; 945 m; 14.10.94 *

8113 SO; Schwarzwald Todtnau, Gschwend; zwischen Steinblöcken am Ufer der „Wiese“; 570 m; 19.09.99 *

Literatur

Christ, H. (1873): Die Rosen der Schweiz mit Berücksichtigung der umliegenden Gebiete Mittel- und Südeuropas.- 219 S., Basel.

Haeupler, H. & P. Schönfelder (1989): Atlas der Farn- und Blütenpflanzen der BRD.- 2. Aufl., 768 S., Stuttgart.

Hegi, G. (1923): Illustrierte Flora von Mitteleuropa.-Bd. IV, 2, Berlin-Hamburg.

Hess, H.E., E. Landolt & R. Hirzel (1977): Flora der Schweiz.- Bd. 2, 2. Aufl., Basel.

Klein, L. (1905): Seubert-Klein’s Exkursionsflora für das Großherzogtum Baden.- 6. Aufl., 454 S., Stuttgart.

Oberdorfer, E. (1994): Pflanzensoziologische Exkursionsflora.- 7. Aufl., 1050 S., Stuttgart.

Timmermann, G. (1992): Rosa L. 1753.- in Sebald & al.: Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs.- Bd. 3, 64-101, Stuttgart.

Timmermann, G. & Th. Müller (1994): Wildrosen und Weißdorne Mitteleuropas. Landschaftsgerechte Sträucher und Bäume.- 2. Aufl., 141 S. u. 30 Farbtafeln, Stuttgart.

Treiber, R. (1996): Beiträge zur aktuellen Verbreitung von Rosa stylosa Desv., Rosa jundzillii Bess., Rosa agrestis Savi und Rosa micrantha Borr. Ex Sm. Im Südwesten Baden-Württembergs.- Tuxenia 16, 87-104, Göttingen.

 

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